Geplante Obsoleszenz

Verschwörungstheorie, üble Nachrede oder Tatsache?

 

Quelle: Radio Bern / Schridde

Bildquelle: centennialbulb.org

Wenn Menschen das erste Mal von geplanter Obsoleszenz hören, reagieren sie meist mit einem skeptischen und fragenden Blick. Nach der Erklärung, dass es sich dabei um eine Strategie von Herstellern handelt ihre Produkte nur so langlebig zu machen, wie es unbedingt sein muss, hat jeder sofort ein Beispiel aus seinem Alltag parat. „Nur ein paar Wochen nach Ablauf der Garantiezeit ging mein Fernseher kaputt. Die Reparatur war so teuer, dass ich mir lieber einen neuen gekauft habe.“ ist eine ganz typische Reaktion.

Aber handelt es sich wirklich um geplante Defekte? Hängt der frühe Ausfall nicht eher mit der Komplexität der Geräte in unserer modernen Zeit zusammen?

Eines der frühen Beispiele für geplante Obsoleszenz stammt aus den Anfangszeiten des letzten Jahrhunderts. Die Hersteller von Glühbirnen vereinbarten damals weltweit eine Betriebsstundendauer von 1.000 Stunden zur Absatzsteigerung ihrer Produkte (statt vormals 2500 Stunden). Dass es auch anders geht beweist das sogenannte Centennial Light. Diese Glühbirne aus den 1890er Jahren leuchtet seit über einhundert Jahren in der Feuerwache der Stadt Livermore nahe San Francisco im US-Bundesstaat Kalifornien. Die weltweite Begeisterung für diese Glühbirne ist so groß, dass man sich jederzeit über Ihre Funktionsfähigkeit per Webcam überzeugen kann.

Davon wie geplante Obsoleszenz unseren Alltag beeinflusst und wie Verbraucher sich dagegen wehren können, berichtet der Podcast des Radio Bern. Die Schweizer befragen unter anderen den Berliner Experten gegen geplante Obsoleszenz Stefan Schridde.

Schridde ist seit Jahren den Tricks der Entwickler auf der Spur. Er kennt zahlreiche Beispiele für eine verringerte Haltbarkeit von Geräten und Alltagsgegenständen und prangert diese im Internetportal seines Vereins „MURKS? NEIN DANKE!“ an.

„Nicht immer liegt es an einem Vorsatz der Hersteller, wenn Geräte vorzeitig kaputt gehen aber häufig sind es doch geplante Ausfälle, denn es sind betriebliche Entscheidungen dafür verantwortlich.“ sagt Schridde dem EffNet gegenüber. „Ein beliebter Trick, um die Lebensdauer elektronischer Geräte zu verkürzen ist der Einbau wärmeempfindlicher Bauteile in direkter Nähe von wärmeerzeugenden Teilen.“ so der Experte weiter.

Schridde fordert die Verbraucher auf solche geplanten Ausfälle auf seinem Internetportal zu melden. Er nutzt diese Meldungen, um Hersteller mit ihrem Murks zu konfrontieren und Erklärungen von Ihnen einzufordern. Eine weitere Stoßrichtung seines Engagements liegt im gemeinwohlorientierten Lobbyismus für mehr Haltbarkeit durch Standardisierung, Normierung und verbesserte Gesetze.

In Frankreich ist man da schon einen Schritt weiter. Statt sich auf das Engagement einzelner Vorreiter wie Schridde zu verlassen, gibt es dort ein Gesetz, das das absichtliche Verkürzen der Lebensdauer von Produkten zu einer Straftat macht. Diese kann mit bis zu zwei Jahren Gefängnis und 300.000 Euro Geldstrafe oder sogar bis zur Abschöpfung von 5 Prozent des Jahresumsatzes des Unternehmens geahndet werden.

In Italien wurden aktuell Apple und Samsung von der dortigen Kartellbehörde wegen geplanter Obsoleszenz auf empfindliche Strafen verurteilt. Da die dort relevanten Fragen auch für Deutschland zu prüfen sind, hat Stefan Schridde eine entsprechende Anzeige beim Bundeskartellamt gestellt.

Geplante Obsoleszenz ist also ganz real in unserer heutigen Produktions- und Konsumwelt. Das Thema geht uns alle etwas an, denn am Ende werden wertvolle Ressourcen für unnötig produzierte Waren verschwendet. Ganz abgesehen von dem Geld, das wir alle für diesen Murks bezahlen.